Willi Türtscher ist seit vielen Jahren Imker. Mittlerweile ist der 74-Jährige der Einzige, der im Bergdorf Damüls seinen eigenen Honig herstellt. Im Interview erzählt der begeisterte Bienenhalter, wie das Imkern funktioniert, warum sein Blütenhonig anders schmeckt und wobei ihm das Herz aufgeht.
Imker:in wird man nicht alle Tage. Wie bist du dazu gekommen?
Willi: Mein Vater hat schon sein Leben lang geimkert. Wir hatten ein Bienenhäuschen mit sogenannten „Hinterbehandlern“. Drinnen zu imkern war aber recht mühsam, besonders weil man die Bienenstöcke nur von hinten behandeln konnte. Ich hatte deshalb einige Jahre gar keine Bienen, wollte aber unbedingt wieder welche. So habe ich entschieden, im Freien zu imkern. Ich habe mir „Styroporbeuten“ gekauft. Diese kann man aufeinander stapeln, dadurch kann ich die Bienenstöcke von oben behandeln und die Waben problemlos einzeln entnehmen.
Dabei wären sie dir draußen fast schon gestorben.
Willi (lacht): Ja, meine Bienen sind das ganze Jahr im Freien. Vor letztem Winter habe ich die Stöcke winterfest gemacht und alle gemeinsam mit einem langen Brett beschwert. Es war ein sehr schneereicher Winter und irgendwann im Februar habe ich bemerkt, dass die Schneelast das Brett verschoben hatte und somit die Deckel von allen Bienenstöcken um einige Zentimeter geöffnet waren. Die Bienen mussten mit bis zu minus zehn Grad kämpfen und ich dachte schon, sie wären alle erfroren. Aber zum Glück haben alle sechzehn Völker überlebt.
Wie viele Bienen schwirren in deinen Stöcken herum?
Willi: Von anfänglich zwei habe ich mittlerweile auf sechzehn Völker aufgestockt. Je nach Jahreszeit besteht ein Bienenvolk aus sieben bis zwanzigtausend Bienen, um die ich mich kümmere. Mit der Königinnenzucht habe ich mich allerdings nie befasst, dafür hat die Zeit neben meinem Beruf nie gereicht.
Wie hast du dir die Kenntnisse über das Imkern angeeignet?
Willi: Viel Wissen habe ich von meinem Vater übernommen, aber auch in Büchern nachgelesen. Zudem einfach probiert und improvisiert. Heute gibt es Kurse beim Imker:innenverein, meine älteste Tochter hat bereits einige Module des Imker:innenkurses gemacht. Ich selbst habe auch immer Experimente durchgeführt, einen Bienenstock ohne Königin zum anderen gesetzt oder mit verschiedenen Schwärmen für die Nachzucht gearbeitet. Generell sollten die Bienen aber nicht allzu viel gestört werden. Neben häufiger Kontrolle des Bienenstandes und des Flugbetriebes ist es zudem notwendig, die Stöcke regelmäßig zu öffnen, um die Stärke des Volkes und das Brutverhalten der Königin im Auge zu behalten.
Was musst du dafür machen?
Willi: Im Frühjahr werden die Stöcke je nach Stärke des Volkes erweitert, dies geschieht, indem man eine weitere Zarge mit 10 Waben aufsetzt, um den Bienen genügend Platz für Brut und Honig zu geben. Es kann aber auch sein, dass es bei langen Schlechtwetterperioden gar keinen Honig gibt und von Imker:innen zugefüttert werden muss. Ein gutes Jahr hängt immer von der Stärke des Bienenvolkes und der Natur ab. Wenn gute Tracht ist, dann produzieren die Bienen auch mehr Honig.
Du kannst also kaum vorausplanen?
Willi: Wie ertragreich die Ernte ist, kann ich nie im Voraus sagen. In meinem besten Jahr konnte ich 150 Kilogramm Honig ernten. Der kam aber von allen sechzehn Völkern. Es kann aber auch vorkommen, dass man mal ein Jahr leer ausgeht. Mit vielen Bienen ist die Chance auf einen hohen Ertrag besser, allerdings ist es wichtig, den Bienen auch immer etwas Honig in den Stöcken zu lassen und nicht alles zu ernten.
Wie läuft der Prozess bis zum fertigen Honig ab?
Willi: Die Bienen sammeln den Nektar, geben ihn in die Waben und verarbeiten ihn dort, indem sie ihn mehrfach innerhalb des Bienenstockes umlagern. Generell ist es so, dass die Königin die unterste Zarge für die Brut verwendet und in den oberen Etagen des Bienenstockes wird der Honig eingelagert. Wenn der Honig fertig ist, deckeln die Bienen die einzelnen Wabenzellen zu. Sobald eine Wabe bis zu zwei Drittel mit Wachs verschlossen ist, ist der Honig reif. Wenn der Wassergehalt zu hoch ist, kann der Honig sauer werden, deshalb kontrolliere ich mit einem Messgerät, ober der Honig schon dick genug ist, um geerntet zu werden.
Ein natürlicher Prozess, der mit etwas Technik heute auch leichter fällt.
Willi: Genau. Als ich letztens im Urlaub war, habe ich mir eine Waage mit Sensoren bestellt und sie in meine Bienenstöcke montiert. Sie wird mit Solarenergie betrieben und misst alle zwanzig Minuten das Gewicht und die Temperatur im Stock. Auch ein Geräuschpegelsensor ist verbaut, so kann ich nun mit einer App am Handy nachschauen, wie es meinen Bienen geht.
Gute Idee! Würdest du sagen, dass dein Honig anders schmeckt?
Willi (schmunzelt): Das kann ich selbst nicht beurteilen. Aber befreundete Damülser:innen sagen, sie wollen keinen anderen Honig. Der Geschmack sei anders, intensiver. Einen heimischen Bienenhonig kann man nicht mit einem importierten Produkt vergleichen. Die Mühen und Kosten zur Herstellung des Honigs kann man eigentlich nicht aufwiegen. Bei uns Imker:innen kostet der Honig ein paar Euro mehr als im Laden, aber die zahlt jede:r gern. Den Großteil meines Honigs verschenke ich innerhalb der Familie. Ein schönes Geschenk, denn ein reifer Honig hält ewig. Etwas gebe ich auch auf die Seite, damit ich immer Reserve für schlechte Jahre habe.
Hattest du eigentlich nie Angst vor Bienenstichen?
Willi: Eine Biene kann nur einmal stechen und verliert dabei sowohl ihren Stachel als auch ihr Leben, deshalb stechen Bienen nur im Notfall. Es ist wichtig, ruhig zu bleiben und mit Bedacht zu arbeiten, dann besteht keine Gefahr. Trotzdem wurde ich natürlich auch schon öfter gestochen, aber glücklicherweise bin ich nicht allergisch, deshalb stört es mich nicht, wenn mich eine sticht.
Als mein älterer Bruder und ich als Zweijähriger mal im Bienenhaus gespielt haben, stach er mit einem Holzstück hinein und alle Bienen kamen auf einmal ganz wild heraus. Mein Gesicht war schwarz vor Stichen. Fast 30 Stiche hatte ich im Gesicht, man hat mich damals mit Schnaps eingerieben und schlafen gelegt. Als ich wieder aufwachte, war mein Gesicht kaum mehr geschwollen. Das ist natürlich kein medizinischer Rat! Aber wer keine Allergie hat, dem kann nichts passieren.
Du hast bei den Behandlungen der Bienenstöcke mit einem ziemlich lästigen Parasiten zu kämpfen.
Willi: Ja, die Varroamilbe gab es ursprünglich nur im ostasiatischen Raum, durch den Versand von Bienenvölkern wurde sie jedoch auch in Europa eingeschleppt. Es ist eine millimetergroße Milbe, die sich am Nacken der Bienen festbeißt und sehr schnell vermehrt. Diese Parasiten muss ich im Herbst mit Ameisensäure bekämpfen, sonst sterben mir die Bienen allesamt weg.
Was können wir tun, damit die Bienen nicht aussterben?
Willi: Viele Bienenwiesen und die Blumen- und Pflanzenvielfalt erhalten. Die Bienen brauchen offene Blüten zur Nektaraufnahme. Beim Imkern kriege ich den Kreislauf der Natur hautnah mit, diesen sollten wir Menschen nicht unterbrechen. Besonders der Einsatz von Pestiziden und Spritzmitteln ist sehr schädlich für die Bienen. Hier oben in den Bergen sind meine Bienenvölker und ich jedoch in der glücklichen Lage, dass wir uns mit diesem Thema kaum auseinandersetzen müssen.
Für mich ist das Imkern eine Leidenschaft und war immer ein guter Ausgleich zum Betrieb. Das schönste Hobby, wenn es im Frühling summt und die Bienen mit ihrem Nektar angeflogen kommen. Wenn ich bei meinen Bienenstöcken bin und es nach Honig duftet – da geht mir das Herz auf!
Vielen Dank für das Gespräch!